Vielen Menschen auf der Welt fehlt der verlässliche Zugang zu sauberem Trinkwasser. Dabei ist unser Planet eigentlich reich an Wasser. Das meiste davon – rund 96 Prozent – befindet sich jedoch in Meeren und Ozeanen. Wegen des hohen Salzgehalts kann es nicht direkt als Frischwasser genutzt werden. Hier setzt HydroDeSal an, eine Entwicklung der Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Sebastian Seiffert am Department Chemie der JGU in enger Kooperation mit Partnern aus dem Mittleren Osten. „Wir nutzen ein thermoresponsives Hydrogel, um ausschließlich mit dem natürlichen Temperaturunterschied zwischen Nacht und Tag Trinkwasser aus dem Meer zu gewinnen“, erklärt der Mainzer Chemiker. Dass der Prozess zuverlässig funktioniert, ist im Labormaßstab bewiesen. Jetzt ist das Team auf der Suche nach Partnern aus der Industrie, um das Prinzip in die Serienproduktion zu überführen. „Für die Ausentwicklung zur Marktreife und die Überführung in ein Produkt braucht es solche Kooperationen mit der Wirtschaft“, so Seiffert.
HydroDeSal funktioniert mit Hydrogelen aus Polymeren. Solche Substanzen begegnen uns häufig im täglichen Leben. Beispielsweise bilden sie die Superabsorber in Babywindeln, die große Mengen an Feuchtigkeit aufnehmen können. Für HydroDeSal nutzen die Forschenden aber eine besondere Stoffklasse: sogenannte thermoresponsive Polymere. Diese können ihre physikalischen Eigenschaften und damit ihr Verhalten abhängig von der Umgebungstemperatur verändern. Für die Entsalzung kommt ein Polymer zum Einsatz, dessen Partikel in den kühleren Nachtstunden Wasser aufnimmt und dabei Salz abstößt. Wird es tagsüber deutlich wärmer, zieht sich das aufgequollene Hydrogel wieder zusammen und gibt dabei salzfreies Wasser ab. Dieses Prinzip kann als Kreislauf genutzt werden. In bestehenden Großanlagen werden heute vor allem die vergleichsweise energieintensiven Verfahren der Verdampfung und der Umkehrosmose verwendet.
Seiffert sieht HydroDeSal in einem größeren Kontext, nämlich vor dem Hintergrund des Klimawandels. Mit dem Thema beschäftigt er sich seit 2019 sehr intensiv. Damals beteiligte er sich an den „Lectures for Future“ und beleuchtete den Klimawandel aus physikochemischer Perspektive. „Die Recherche war ein Schockmoment, spätestens damals ist der Klimagroschen endgültig bei mir gefallen“, sagt Seiffert im Rückblick. Seine Forderung an die Naturwissenschaften: Sich einbringen mit Forschung und Lösungsansätzen. „Albert Einstein sagte einst: ‚Wer das Privileg hat zu wissen, hat die Pflicht zu handeln’“, merkt er an. HydroDeSal nennt Seiffert daher auch „ein echtes Herzensprojekt“. Tatsächlich zeigt es, wie man den Appell an die Wissenschaft in eine serientaugliche Anwendung überführen kann.